Interview mit Vladimir Putin
Letzte Nacht hatte ich vor dem Zubettgehen noch ein Käsesandwich und träumte dann, ich wäre hochbezahlter Journalist des staatlich zwangsfinanzierten Fernsehens und dürfte im Zenit meiner Karriere nach Moskau fliegen und ein Exklusivinterview führen mit Vladimir Putin.
Ich: „Herr Putin, Sie haben an der Grenze holländische Tulpen verbrennen lassen - warum?“
Vladimir Putin: „Ich würde lieber über ein anderes Thema sprechen.“
„Welches?“
„Die NATO-Osterweiterung.“
„Das steht nicht auf der Agenda - vielmehr haben Sie heimlich die griechischen Staatsschulden getilgt und dafür die Schwarzmeerflotte nach Kreta verlegt...“
„Sehen Sie, das ist plumpe westliche Propaganda. Diese Schiffe dort in Kreta sind keine russischen Schiffe. Ich bitte Sie, Sie können U-Boote, Flugzeugträger und Lenkwaffenzerstörer in jedem Hafen der Welt kaufen, und dann den Verdacht auf uns lenken. Es ist die NATO-Osterweiterung, die...“
„Sie gewähren Edward Snowden nach wie vor Asyl...“
„Das ist der Eckpfeiler, die Maxime russischen Handelns. Wir gewähren gerne jemandem Obdach, der geflohen ist vor der unmenschlichen Überwachungsmaschinerie der korrupten, imperialistischen, sich nach Osten streckenden amerikanischen Ungerechtigkeit. Herr Snowden ist unser herzlich aufgenommener Gast und genießt unseren uneingeschränkten Schutz, bis uns der kleine Lurch endlich die Passwörter seiner Agentenlisten verrät.“
„Lassen Sie uns jetzt bitte über die Tulpen sprechen, die...“
„Sehen Sie, die Holländer sind fanatisch. Sie sind besessen, zu wissen, wer ihre 298 Landsleute im Flugzeug über der Ukraine vom Himmel geschossen hat und wollen nun eine Untersuchung anstrengen, obwohl ich durch mein deutliches Veto eigentlich klar signalisiert haben sollte, dass ich das nicht möchte. Diese Holländer kennen einfach kein Maß, kein Halten, keine Sitte und Anstand. Durch immer neue Deiche gewinnen sie dem Meer immer mehr Land ab, das bedroht unsere Interessen.“
„In wie fern?“
„Sie rücken immer weiter nach Norden. Und was ist im Norden? Die Arktis. Dort gibt es zahlreiche Rohstoffe, das ist aber nicht der Grund, warum wir dort militärisch aktiv sind.“
„Sondern?“
„Die Arktis ist russisches Kernland, untrennbar verwoben mit unserer glorreichen russischen Geschichte.“
„Ein Beispiel?“
„Alte Volksweisen, in Russland kennt sie jedes Kind, zeugen von dem großen Entdecker Igor Zvidrahilomiwitsch, der sich beim Fischen verirrte und in der Arktis strandete und dort ruhmreich 327 Eisbären tötete.“
„Äh, davon habe ich noch nie gehört...“
„Wir können Eure Unwissenheit unserer großen Kultur verzeihen, das unterstreicht unsere friedliche Natur. Aber diese Geschichte kennen Sie bestimmt: der große Stalin war einst in der Arktis und meinte: ‚Scheisse, jetzt bin ich randvoll mit Vodka und weit und breit kein Baum, an den ich schiffen könnte! Oberst, lassen sie 20 Mann erschiessen, damit mich hinter dem Leichenhaufen keiner beim Pissen sieht!‘“ (Schmunzelt)
„Warum, denken Sie, wurde Boris Nemzow in den Rücken geschossen?“
„Das ist leicht erklärt - das Polonium war alle.“
„Was?“
„Sehen Sie, wir bezogen es immer aus dem Sudan, aber unsere Beziehungen verschlechterten sich, als ich auf der gemeinsamen Bärenjagd in der sibirischen Tundra dem sudanesischen Botschafter zwölf mal aus Versehen in den Rücken schoss.“
„Aus Versehen?“
„Da. Ich habe sogar versehentlich drei mal nachgeladen, tödlich für ihn war jedoch, dass er unglücklich die Treppe hinunter fiel.“
„Eine Treppe? In der sibirischen Tundra?“
„Was sind Sie so misstrauisch - sind sie etwa Holländer?“